Nordwasser
Nordwasser
Autor: Ian MacGuire
Verlag: Goldmann
ISBN: 978-3-442-48868-1
Preis: 11,00 €
Buchtipp von: Anne Simon (Oktober 2019)
In jedem Bücherjahr gibt es das ein oder andere Buch, das man sich wider besseren Wissens, im vollen Bewusstsein, dass der Stapel der ungelesenen Bücher ohnehin schon höher als man selbst ist, noch gönnt und oben auf den Stapel drauf legt. Weil dieses Buch das eine ist, das man jetzt unbedingt noch lesen möchte. Und wenn man Pech hat, kommt man dann doch nicht dazu und das Buch bleibt ungelesen.
So ein Buch war „Nordwasser“. Anfang 2018 im wunderbaren mare Verlag erschienen, steht es nun schon ein gutes Jahr bei mir zu Hause im Regal der ungelesenen Bücher und wartet auf seinen Einsatz. Vor kurzem ist es als Taschenbuch erschienen und ich habe den Anlass genutzt, es endlich zu lesen. Und das hat sich wirklich gelohnt. Was für ein Fest! Die New York Times verglich Ian McGuires Roman mit Joseph Conrad und Cormac McCarthy. Eine kleine Prise Herman Melville dazu und man kommt dem, was einen in „Nordwasser“ erwartet, recht nah.
Wir befinden uns auf der „Volunteer", einem Walfangschiffs, zweite Hälfte des 19ten Jahrhunderts. Patrick Sumner, Arzt und unehrenhaft aus der Armee entlassen, sieht seine einzige Möglichkeit ein neues Leben zu beginnen darin, hier als Schiffsarzt anzuheuern. Doch die Zeichen stehen schlecht. Der Walfang ist ein immer härteres Geschäft geworden. Die wenigen verbliebenen Wale haben sich angeblich weiter Richtung Arktis zurückgezogen. Die Arbeit ist beschwerlich und voller Gefahren. Erst wenige Jahre zuvor war die vollbeladene Parceval im Eis zerquetscht worden und kläglich untergegangen, alle Ladung ging verloren, viele Männer starben. Der Kapitän ebendieses Schiffs, ein gewisser Brownlee, leitet nun auch die Fahrt der Volunteer.
Doch die Männer an Bord haben nichts zu verlieren und so macht man sich auf Richtung Nordwasser.
Das Schiff ist erst wenige Tage auf See, da nimmt Sumner einige besorgniserregende Vorkommnisse wahr. Niemand beachtet ihn und seine Sorge. Als es kurz darauf zu einem augenscheinlichen Verbrechen kommt, ist jedoch die ganze Mannschaft alarmiert. Die Klärung des Verbrechens, wie auch die sonstigen Umstände - die Gefahr während der Jagd im Eis verletzt zu werden oder gar zu erfrieren, sowie die stets präsente Unglückssträhne des Kapitäns, lassen die Nerven bald blank liegen.
Ian McGuires Roman ist eine beeindruckende Mischung aus Abenteuer, Historie und Kriminalliteratur. „Nordwasser“ ist höchstspannend und sogar kurzweilig. Zugleich realistisch, hart und schlussendlich völlig hoffnungslos. Doch trotz- oder gerade deswegen absolut lesenswert!